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Es geht immer darum, zum Wesentlichen in sich selbst zu finden
 

Es geht immer darum, zum Wesentlichen in sich selbst zu finden – und dann zu schauen, was man der Welt zu geben hat.

Interview mit Hinnerk Polenski in der Zeitschrift "natürlich gesund & munter"

 

 

Wie finden vielbeschäftigte Menschen die Zeit, regelmäßig zu meditieren? Das fragte die Zeitschrift "natürlich gesund & munter" den Zenmeister und langjährigen Unternehmensberater Hinnerk Polenski von der Daishin Zen Schule Hamburg, dessen Angebot "Zen Leadership" sich gezielt an Führungskräfte richtet.

natürlich gesund & munter: Der gestresste Manager ist ja geradezu das Sinnbild für "keine Zeit" – wird Ihr Angebot trotzdem angenommen?

Hinnerk Polenski: Ja, sehr gut sogar, aber nicht nur von Managern, sondern auch von Ärzten, Psychologen und anderen Menschen, die beruflich viel Verantwortung tragen und spüren, dass sie in ihrem Alltag und vor allem in ihrer Arbeitswelt an Grenzen kommen.

Werden Sie nicht dauernd damit konfrontiert, dass Ihre Schüler keine Zeit für die Übungen haben?

Natürlich, aber das ist Unsinn. Wenn jemand meint, nicht mal 25 Minuten Zeit zu haben, um Zazen zu üben – also das stille, meditative Sitzen –, dann gebe ich ihm die Aufgabe, 45 Minuten täglich zu üben.

Das müssen Sie erläutern.

"Keine Zeit" ist praktisch immer ein Symptom für mangelnde Selbstwertschätzung, denn die Zeitfresser kommen ja von außen – all diese Dinge, die man angeblich tun "muss". Ich höre nie so etwas wie: "Ich habe keine Zeit, weil ich in einer Band spiele" oder "… weil ich so gerne male." Wer also nicht mal 25 Minuten täglich für sich selbst übrig hat, der braucht besonders viel von dem, was Meditation geben kann: Stille, Gelassenheit und dadurch die Kraft, nein sagen zu können. Das Paradoxe ist ja: Je mehr Zeit man sich für die Versenkung nimmt, desto mehr Freiräume öffnen sich.

Wie ist das möglich?

Die Übenden erschließen sich ganz neue Potenziale. Denn es sind ja nicht die wirklich wesentlichen Dinge, die Kraft kosten, sondern die Unwesentlichen drum herum. Deshalb geht es für jeden darum zu erkennen, dass er selbst das Wesentliche ist und diesen inneren Kern zu erforschen und zu entwickeln, um schließlich immer mehr von dort aus handeln zu können.

Was bedeutet das für den ganz normalen Alltag?

Wenn jemand "neben sich steht" oder "außer sich ist", wie man ja so schön sagt, können selbst kleinste Handlungen, wie das Familienabendbrot zu richten, schon ungeheuer mühsam sein. Ganz anders sieht es aus, wenn man aus seiner inneren Mitte heraus handelt. Von dort aus kann man sogar konfliktreiche Gespräche meistern, ohne komplett ausgelaugt zu sein.

Wie findet man den Einstieg – einfach anfangen?

Genau: Nicht lamentieren, was alles nicht geht, sondern ausprobieren, was machbar ist – und das auch tun.

Woran liegt es Ihrer Ansicht nach, wenn man sich in diesem "ich muss" aufreibt?

Viele Menschen haben verinnerlicht: Ich werde geliebt, wenn ich etwas leiste. Das kann sich auf verschiedene Weise äußern. Die einen hängen sich in ihre Aufgaben rein, sind geradezu getrieben und leisten ungeheuer viel. Aber so im Alter zwischen 40 und 50 kommt oft der Crash, weil sie merken: Es ist nie genug. Selbst im Erfolg kommen sie nicht wirklich bei sich an, ihr innerer Hunger bleibt ungestillt. Die anderen haben dagegen nicht die Kraft, so nach außen zu gehen. Durch ein tief empfundenes Gefühl, nichts wert zu sein, sind sie verzagt und bleiben deshalb wirklich oft erfolglos. Tut beiden Typen Meditation gut?

Ja, aber es geht nicht um Entspannung! Sie tut den Kämpfern zwar gut, aber mitten im alltäglichen Wahnsinn nützt sie wenig – da braucht man eine geerdete Gelassenheit, die einen trägt. Und die Ängstlichen haben eher zu wenig Spannung, brauchen mehr Energie. Ihnen kann die Meditation helfen, die Quelle ihrer inneren Kraft zu öffnen. Es geht also immer darum, zum Wesentlichen in sich selbst zu finden – und dann von dort aus zu schauen, was man der Welt zu geben hat.

 


Mit freundlicher Genehmigung aus "natürlich gesund & munter", Dezember 2013