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der innere Widersacher

„Hallo Widersacher, da bist du ja. Ich kenne Dich.“

Von Hinnerk Syobu Polenski

Manchmal gibt es auch bei mir Dinge, die mich dsavon abhalten, auf der Tatami-Matte zu sitzen - mal sind es Dinge von außen, wie "O Gott ich muss jetzt gleich los!". Manchmal auch Dinge von innen wie "Man könnte ja auch noch eine zweite Tasse Tee trinken!". - Ich habe alle Gefühle, die andere Menschen auch haben. Das ist der „innere Schweinehund“ oder der Widersacher, wie wir im Zen sagen. Wichtig ist zu erkennen, dass es nicht darum geht, dass er uns und mich vom Meditieren abbringen will. Es geht vielmehr darum, dass er uns abbringt von Dingen, die heilsam sind, und uns dazu bringt, Unheilsames zu tun.

Ich mache an einem Beispiel aus dem Leben einmal deutlich, was genau ich meine: Herr XYZ sitzt auf der Couch und schaut sich irgendeine Fernsehsendung an, trinkt dazu zwei, drei Bier und isst Chips, dann ist das einmal lustig. Wenn das aber ein Dauerzustand wird, wissen alle (übrigens tief in seinem Inneren weiß, ahnt das auch Herr XYZ): “Das ist nicht gut für mich und meine Gesundheit”. Im Zen, in unserer Praxis, erkennen wir, was für uns heilsam ist oder nicht, und die Übung gibt uns die Kraft, das Heilsame auch zu tun - vielleicht zum Sport zu gehen statt noch eine Flasche Bier zu trinken, oder einfach mal jemanden anzurufen, den wir lieben und schätzen, statt den Fernseher anzuschalten. Zen ist also der Gegenspieler des „inneren Schweinehundes“.

Der „innere Schweinehund“, der Widersacher meldet sich auch, wenn wir in die Stille gehen wollen. Das Ego, mit dem Wahnsinn in unserem Kopf, hat es sich ganz gemütlich gemacht. Und diesen Zustand zu bewahren, dass genau ist die Aufgabe des Widersachers. Und dieser Widersacher erklärt uns immer und immer wieder, wie unsere Welt zu funktionieren hat: “Ja, du bist unglücklich, und das ist so und so, und das darfst du nicht und dieses nicht, und geliebt wirst du nur, wenn du leistest” und so weiter. In dem Moment nun, in dem wir diese Muster z.B. im Zen angehen, meldet sich der Widersacher, sieht das Gewohnte gefährdet. Und bin ich dann auch noch in einer Krise oder besonders gestresst, umso leichter werden wir sein Opfer, umso schwerer fällt es uns, einen Moment in Stille zu kommen.

Der Widersacher ist ein ständiger Begleiter

Der Widersacher begleitet den Schüler auf seinem ganzen Weg. Am Anfang ist er die Verstrickung in ihm Selbst und in den Anforderungen unserer Welt. Der scheinbare Zwang, keine Zeit zu haben und das Hin- und Hergeworfen sein zwischen sollen, müssen, können, dürfen, mögen, hassen, dem Verlangen und Begehren. Um seinem Widersacher wirkungsvoll zu begegnen, ist es wichtig, die richtige Übung zu praktizieren.

Es kann nämlich passieren, dass zunächst die Symptome, die wir mildern wollen, durch die Meditation schlimmer werden, anstatt dass sich ein Friede einstellt. Das passiert oft, wenn der Schüler die falsche Übung macht. Der Betroffene sollte an so einem Punkt statt in die Stille zunächst in die Kraft gehen. Er muss lernen, die Energie in sich zu öffnen, sie zu leiten und zu erden – und danach kommt erst die Stille. Vorher aber muss der Schüler ins Hara gehen und dort verweilen. Dieser Punkt, das Kraftzentrum des Menschen, Hara genannt, liegt unter dem Bauchnabel. Dahin zu gehen, das zu üben, ist ganz wesentlich.

Ein Widersacher der Mittelstufe sind tiefe Zen-Erfahrungen, die im Widerspruch stehen zur Welt. Dann sind da noch Zweifelsucht oder mangelnde Fokussierung. Auch mangelnde Erdung führt hier zu Problemen, die rechtszeitig erkannt werden müssen.

Der fortgeschrittene Schüler dann droht am „Ich bin schon sehr weit“- oder „Ich-bin-schon-halberleuchtet“-Syndrom zu scheitern. Dieser Widersacher wird auch das „spirituelle Ego“ oder „Zen-Ego“ genannt. Der Widersacher schläft nicht, und gerade das Thema “Erleuchtung” bietet ihm ein grosses Spielfeld.

Es geht darum, den Widersacher zu erkennen, kennenzulernen, zu wissen, wie er agiert, was er bewirkt. Wenn wir das ganz deutlich sehen können, dann sind wir frei, so zu handeln, wie wir es wollen. Dann begrüßen wir den Widersacher, und begrüßen ihn mit den Worten, die mir Karlfried Graf Dürckheim einmal sagte: “Hallo, da bist du ja wieder, mein Freund. Ich kenne dich!”.