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Entwickle das Heilsame - der Medizin-Buddha

Teisho - Zen-Meister Hinnerk Polenski

 

Der Weg zur vollkommenen Befreiung ist klar, einfach und direkt. Und er ist unbeschreibbar. Schon seit alter Zeit weigern sich die Meister, über die vollkommene Freiheit zu sprechen, weil das nur zur Verwirrung führt.

Was ist Geist, Nicht-Geist, was ist Buddha, Nicht-Buddha?

Das traditionelle Rinzai Zen ist ein klarer, sicherer und fester Weg auf den Berggipfel vollkommener Freiheit. Dies ist ein langer Weg. Und kein Mensch beschreitet den Mount Everest vom Fuß bis zum Gipfel an einem Tag.

Und so gibt es im Daishin Zen ebenfalls die Meilensteine, die Berghütten, die Raststätten, die Orientierungsebenen von Erfahrungen. Aber was ist, wenn ich die letzte Berghütte verlassen habe, mich geübt habe in Hara, mich übe in Samadhi, mein Herz auf mein Herz ausgerichtet habe, wie geht es weiter? Oder wie ist es, wenn ich mitten in der Welt stehe, verstrickt, und zu gar nichts komme, weil die Dinge um mich herum so schnell wirbeln, Reaktionen erzwingen und Tausend und eine Sache in mir oder außerhalb von mir den Weg versperren? An dieser Stelle ist es sehr wichtig, das Mahayana in seiner ganzen Fülle zu betrachten. Und deshalb gibt es im Daishin Zen zusätzlich zum geraden Weg zur Freiheit Dharmakāya, Śūnyatā, reiner Geist, eine gewaltige Orientierung.

Diese Orientierung ist einerseits entstanden durch gewaltige Meister, Buddhas, die einmal Menschen waren wie wir. Die aber sich als gewaltige Welten, Felder und Dimensionen geöffnet haben und uns die Möglichkeit geben, in ein riesiges Feld der Heilung einzutreten, ein riesiges Feld der Orientierung einzutreten. Und uns eine Idee geben, was bedeutet es denn, sich auf das Heilsame auszurichten. Natürlich ist es, so dass der gerade Weg traditionell ist. Daishin Rinzai Zen ist die Ausrichtung auf Bodhicitta, auf den Erleuchtungsgeist.

Der Erleuchtungsgeist in uns ist das Spiegelbild, ist die Sonne, die in uns sich spiegelt, die Sehnsucht nach Erleuchtung. Es ist die Orientierung, die sich meist in einer Sehnsucht in uns öffnet, die uns überhaupt dazu bringt, dieser Berg zu besteigen. Doch gerade für uns, die am Anfang sind, in der Mitte sind oder fast am Ende sind, wo auch immer, können Umstände eintreten, wo nur täglicher Wahnsinn stattfindet, wir die Orientierung verlieren, von Weg abkommen durch innerliche Ebenen. Sei es, dass wir uns nicht Wert fühlen, keine Zeit haben, das ist das Übersetzungswort dafür. Wer keine Zeit hat, der ist sich selbst im Weg, nichts wert. Oder wir sind verstrickt und rastlos und ruhelos. Oder äußere Dinge machen es unmöglich und wir sind mitten in Chaos. Seien es Krankheiten, oder sei es Probleme im Außen. Was dann?

Dann gibt es diese riesigen Dimensionen, die wir spüren können. Und das Großartige dieses gewaltigen Werkes, diese Dhyana Buddhas - so nennt man die -, dieser transzendenten Buddhas ist, dass einerseits wir sie sind. Es gibt außerhalb von uns keine irgendwelche Buddhas und Wesen, die da irgendwo sitzen. Das nennt man Religion. Das ist nicht unser Weg. Aber anderseits können wir dieses, was wir wirklich sind, nicht spüren. Dann sind wir der kleine Mensch, voller Angst, getrieben, verstrickt, ausgeliefert, hoffnungslos, voller Zweifel oder voller Wahnsinn, egomanisch, was auch immer.

Und diese Felder haben einen Zugang, den jeder Mensch auch hat. Und dieser Zugang ist das Herz, die Liebe. In Mahayana nennen wir diese Ebene Sabhogakāya, Körper des Entzückens, der Freude. Diese transzendenten Dimensionen unsers höchsten Seins sind zutiefst hilfreich, zugänglich für Anfänger, zugänglich für Fortgeschrittene, zugänglich auch für Menschen, die überhaupt nichts mit Zen und Buddhismus am Hut haben. Letztens las ich so ein nettes Cartoon, da saß ein buddhistischer Mönch gezeichnet unter ein Baum, und ein hektischer Geschäftsmann kam vorbei und sagte: „Was machen Sie da?“ Der sagte: „Die Welt retten.“

So ist es wirklich. Wir können nicht die Welt retten, wenn wir selber wahnsinnig sind. Wir können dann nur unseren Wahnsinn dem großen Wahnsinn hinzufügen. Das Ergebnis wird immer sichtbar für alle Menschen und deshalb halten immer mehr Menschen an. Wir brauchen einen Weg, der für viele Menschen sichtbar ist. Wir brauchen einen Weg, der für uns sichtbar ist, wenn wir selber an einer Grenze stehen - egal wo wir stehen auf dem Weg.

Und das ist das große Hilfsmittel der transzendenten Dimension unseres eigenen Selbst, manifestiert in gewaltigen großen Feldern, die wir mit dem Wort Buddha bezeichnen können. Die wir mit Symbolen bezeichnen können. Aber das ist etwas nur zur Verbindung, zur Erinnerung. Diese Felder oder Buddhas sind ein wesentlicher Bestandteil des Daishin Zen; gleichzeitig aber nimmt das Daishin Zen diese Felder aus Asien und lässt den anderen Krempel dort. Die Menschen haben dazu Bücher oder Sutren geschrieben und allerlei Geschichten angehängt. Die brauchen wir aber nicht dazu, weil die Buddha Felder an sich grenzenlos, wunderschön und rein sind. Sie haben Schwerpunkte und diese Schwerpunkte kann ich öffnen. 

Im Daishin Zen gibt es drei, die an ersten Stelle stehen: Amida, der Buddha der Liebe, der Einheit. Akshobhya, der Buddha des Friedens  und Vairocana, der Buddha der Freiheit, und der Übergang aus diesem Feld wieder heraus in das feldlose Feld. Absolute Leerheit.

Es gibt noch mehr Dhyana Buddhas aber diese sind sehr wichtig. Ich möchte heute aber über einen sprechen, der zwischen Amida und Akshobhya sitzt. Der von tiefster Wichtigkeit sein kann an einer bestimmten Ebene unseres Seins: Der sogenannte Medizin Buddha, japanisch Yakushi Nyorai, in Sanskit Bhaisajyaguru Buddha. In der Dimension des Medizin-Buddhas geht das Daishin Zen rein allein auf die Initiation dieses Feldes zurück, das ist vielleicht wichtig zu sagen, und entlastet sich von den kulturellen Interpretationen - inklusive erst einmal der Sutren. Warum die Sutren auch? Ja, es gibt auch ein Medizin Buddha Sutra. Nur ein Beispiel: Es gibt dort 12 Gelübde die angeblich damals der Mensch, der Mönch ablegte bevor er der Medizin Buddha wurde. Aber wir spüren in diesen Gelübden etwas Historisiertes. Etwas was unserer Zeit nicht mehr entspricht. Also wenn dort drin steht dass er lobt, dass Frauen als Männer wieder geboren werden, dann finde ich das doof.  Und vor allem finde ich es für unsere Zeit dramatisch unangemessen. Denn das Weibliche wird unsere Zeit retten, und das Männliche war in den letzten Jahren und ist noch das, was gerade die Welt in die Tonne tritt. Das überzogen Männliche, das Mann-Männlich wohlgemerkt. Reines Yang ist ein ganz wunderbarer Weg.

Das nur als Beispiel, denn es geht nicht um Theorie und Gelöbdnisse und irgendwelche Geschichten sondern um das reine, heilende Feld selbst. Trotzdem ist es erlaubt, es zuzuordnen in Symbolen. Pioniere auf dieser Ebene sind das Vajrayana, die Tibeter. Aber auch das ist viel zu komplex. Auch hier ist das Daishin Zen im Geiste des Zen die Reduktion auf das Wesentliche. Und so reduziert sich der Buddha auf Farbe, auf Mudra und das Verhältnis zu anderen transzendenten Buddhas. Und in der Essenz auf das Mantra, auf das Feld, das über unser Herz sich öffnet um uns zu heilen.

„Folge dem Heilsamen!“  Oi Saidan Roshi meint damit, dem Erleuchtungsgeist zu folgen. Das ist erstmals unmissverständlich - Bodhicitta. Aber auf diesem Weg erleben wir Hindernisse, Verschiedene Arten von Hindernissen. Im Großen sagt der Buddha: „Leiden entsteht durch Gier, Hass und Verblendung.“ Im Großen sind Amida, Akshobhya und Vairocana in der Lage, diese Felder jeweils, je nach Schwerpunkt, zu heilen und aufzulösen.

Aber es gibt spezielle karmische Situationen, da ist an dieser Stelle die universelle Heilkraft des Medizin Buddhas von größtem Nutzen. Und zwar immer dann, wenn sich diese Kraft des Unheilsamen sehr stark  manifestiert hat. Einer dieser Manifestationen ist es zum Beispiel die einer Krankheit. Eine andere Manifestation ist ein außergewöhnlich starker Widersacher in uns oder eine sehr starke Verletzung in uns. Gestern hatten wir unseren vierten Workshop „Spiritualität und Psychotherapie“. Dort fielen Begriffe wie Trauma oder Borderliner.

Es gibt also ein Mantra in das ich den Schlüssel, die Initiation zu diesem Feld hinein tun kann. Bitte, ein Mantra ist nicht absolut. Das Mudra eines Buddhas ist nicht absolut und das Aussehen ist nicht absolut. Das Feld ist transzendent absolut. Aber diese Symbole, Farben und Formen und Mantra sind von uns Menschen geformte Schlüssel, die durch den Meister und die Dharma Linie initiiert sind. Und die mit der Übung und der Vertiefung der Initiation mehr und mehr funktionieren - vor allen Dingen auch im Alltag.

Im Daishin Zen, und da weichen wir schon ein wenig ab von der alten Tradition, befindet sich der Medizin Buddha zwischen dem Amida, rot-goldene Färbung, und den blauen Akshobhya. Von Amida schöpft er die Heilkraft der Liebe und trägt deshalb auch eine goldene Robe, das Symbol des Amida, der liebenden heilenden Kraft. Aber er hat komplett die Farbe des Akshobhya, der alles Zerstörerische in uns und um uns auflösen kann. Das Mudra ist unterschiedlich. Bei uns im Daishin Zen sehr sehr schlicht: Erst mal, die Meditationshaltung, die linke Hand als Meditationshaltung. So sehen wir Ihn auf einfachen Bildern. Und die rechte Hand ist geöffnet in der Geste der Wunschgewährung, der Schutzgewährung. Manchmal hält er dann eine Pflanze in der rechten Hand.

Es gibt dann im Shingon, und die Shingon Tradition ist eine japanische Tradition, eine mystische Mantratradition, dort gibt es dann noch andere Mudras. Aber entscheidend ist seine Wirkung. Seine Wirkung ist es, alle Lebewesen von den drei Geistesgiften zu heilen. Speziell dann wenn diese Geistesgifte eine starke Manifestation erreicht haben. Der Medizin-Buddha ist eine Art Notanker. Er vereint die Kräfte aller drei Dhyana Buddhas. (In der Tradition gibt es fünf. Aber die drei wichtigen die eben genau diese drei Gifte auflösen sind Amida, Akshobhya, Vairocana). Es ist eine heilende Medizin.

Die drei Geistesgifte sind eben nicht nur die Verwirrung des Nicht-Erkennen unseres Wesens, das was der Buddha als Wahn bezeichnet und sagt… Der Buddha ist wie ein Arzt und sagt: „Die Menschen sind verrückt, sie sind krank, sie erkennen nicht wer sie sind, sie laufen umher, vollkommen verloren. Sie wissen nicht woher sie kommen, sie wissen nicht  wo sie hin gehen. Vor allem sie wissen nicht was jetzt hier ist.“ Das ist der normale Weg der Befreiung, die Ausrichtung auf Bodhicitta, auf Erleuchtungsgeist, der uns Befreiung gibt. Aber wenn die drei Gifte sich sehr stark manifestieren, dann kann diese Ebene des Medizin-Buddhas Heilung verschaffen.

Was bedeutet die Manifestation der drei Geistesgifte? Auf der einer Seite seelisch, geistig und psychisch Krankheiten, und auf der anderen Seite körperliche Krankheiten. Deshalb ist es auch so, dass in Asien ein Medizin-Buddha wie ein Arzt auch benutzt wird für Krankheiten. Nur, er heilt nicht die Krankheit sondern die Ursache. Das ist ganz wichtig. Also es geht nicht um Wunderheilung.

Auf der seelisch geistig psychischen Ebene gibt es zwei verschiedene Ausrichtungen. Man sagt, dass es zwei Bodhisattvas gibt. Und zwar einer ist der Mond-Bodhisattva und das andere ist der Sonnen-Bodhisattva. In Asien gibt es verschiedene Bedeutungen. In Daishin Zen begegnen wir hier an dieser Stelle den Taoismus. Yin und Yang. Mond - Yin, Sonne - Yang. Und entsprechend kann seelisch-geistig-psychische Krankheit eine Yin Ausrichtung haben. Das ist die Selbstentwertung, die Entmutigung, die Verzweiflung, das Phlegmatisch sein. Und im Phlegmatischen vielleicht sogar autoaggressiv und am Ende depressiv, Kraftlosigkeit, Antriebslosigkeit. Und im Yang ist es das genaue Gegenteil. Es ist Ruhelosigkeit, Heimatlosigkeit, Getrieben, Rastlos -  im Außen zerstörend, verstörend, spaltend.

Aber auch in der körperliche Ebene gibt es verschiedene Dimensionen, und wir unterscheiden vier Formen von Krankheiten auf körperlicher Ebene. Und jetzt wird’s interessant weil (---) wo in zunehmende Maße dieses Aspekt relevant wird. Die erste ist die genetischkausale Dimension. Es gibt genetische Schwächungen, die wir haben über Generationen, die wir erleben, sogenannte Sollbruchstellen, die uns ermahnen, in unserer Mitte zu bleiben. Die zweite Ebene von Krankheiten sind kausale, das heißt, ich rauche, und irgendwann ist der Schaden in meiner Lunge so dass einer Wirkung, einer Krankheit zeigt. Oder ich habe  mit Asbest zu tun. Die dritte Ebene, dort wird es am deutlichsten, die psychosomatischen Krankheiten. Hier wird die Interaktion, die Wirkung von Geist und deren Gifte im Außen und im Innen besonders deutlich. Ich bin in einer unheilsamen Situation. Sehr häufig erleben wir es in unserer Zeit im Beruf, man spricht dann von Burn-out oder Stress. Es kann aber auch durch eine falsche Beziehung und durch viele andere Faktoren ausgelöst werden. Es kann ausgelöst werden durch ein Fehlverhalten unserer Eltern, durch Traumata und viele andere Dinge. Und  psychosomatische Krankheiten, lange unterschätzt, können tödlich sein. Das ist nicht mal so eine kleine psychische Geschichte - da hat mal jemand Migräne - sondern Menschen leiden zutiefst körperlich darunter. Der Bandscheibenvorfall, der Tinnitus, der Hörsturz sind psychosomatische Krankheiten. Aber auch die schwereren Krankheiten.

Und die letzte Krankheit, die ist unbekannt, die nenne ich die geistlich-spirituelle Krankheit. Der erste Pionier, der darauf hingewiesen hat ist Graf Dürckheim in seiner Initiatische Therapie. Wenn die Seele, das Wesen, keinen Raum hat, in dieser Welt zu wachsen, dann stirbt der Körper.  Und geistlich spirituelle Krankheiten sind ebenfalls tödlich,  und zutiefst leidbringend. Und genau in dieser Ebene, besonders in dieser geistlich-spirituellen Ebene, wo es in uns innere Blockaden gibt, die unsere Entwicklung, unser Weg,  behindern - Verletzungen, Programme -, und eben auch auf der psychosomatischen Ebene und eben auf der ganzen Ebene der genannten seelisch-geistig-psychischen Krankheiten kann ein Medizin-Buddha in unglaublich großartiger Form wirken, heilend wirken. Frei wirken, die Ursache auflösend.

Es gibt noch einen weiteren Aspekt, warum ein Medizin-Buddha für unsere westliche Welt sehr geeignet ist. Ein ganz wesentlicher Weg für die Menschen in Europa - für die, die ich kenne und für alle anderen auch - ist die Befreiung des Herzens. Was heißt Befreiung des Herzens? Es setzt etwas voraus: Dass das Herz gefangen ist.

Es gibt immer mehr das Problem - und deshalb habe ich, wie ihr wisst, auch eine sehr kritische Meinung zur Esoterik, in der sich nicht nur ein Haufen Scharlatane tummeln, sondern auch begabte spirituelle Lehrer – das Phänomen, dass Menschen eine Herzberührung, eine Herzöffnung erleben. Sie erleben für einen Moment die große Einheit und das ist großartig. In der Hinsicht ist die breite Ebene der Esoterik immer auch eine Pionierbasis. Gleichzeitig aber kommt es immer häufiger vor, dass Menschen, deren Herz berührt wurde, in einer tiefe Krise kommen, spirituelle Krise genannt, bis zu Depressionen.

Warum ist es so?  Na ja, weil die Verletzung eben nicht nur eine körperliche ist und nicht nur eine Verletzung in unserer Persönlichkeit, unserem Ego, sondern auch eine Verletzung, ein Trauma, die ein spirituelle Dimension hat. Und das Herz ist das Tor zwischen unser Person, unserem Ego und dem Transpersonalen, Transzendenten, Spirituellen. Und sehr oft liegen dort die Verletzungen um unser Herz herum.

Wenn ein kleines Mädchen mit sieben Jahren freudig zu ihrer Mutter kommt und die Mutter sagt: „Wenn du nicht geboren worden wärest, hätte ich dein Scheiß-Vater nicht geheiratet!“ Und wenn das immer weiter geht, dann ist das eine Verletzung auf der Ebene des Herzens. Wenn ein Vater voller Hass ist oder einen Konflikt mit der Ehefrau über die Tochter kompensiert, indem er sie zur Prinzessin macht und gegen die Mutter ausspielt, die vielleicht älter wird, die Tochter vielleicht in die Pubertät kommt und schön ist, dann verletzt man dieses Kind furchtbar.

Oder das, was in diesem Land aus meiner Sicht das Hauptproblem ist, dass man Kindern in tiefsten Herzen ihr Selbstwertgefühl zerstört. „Du bist nichts wert! Nur wenn Du leistest bist Du geliebt. “ Alle diese Dinge sind auf der einer Seite Verletzung in unserer Persönlichkeit aber in gleichem Maße Verletzung in unserem Herz. Und diese Erfahrung umschließt unser Herz. Das heißt wir erleben die Liebe in gleichen Maßen auch als Schmerz.

Wir haben gestern auf unser Workshop „Spiritualität und Psychotherapie“ darüber gesprochen, wie wichtig ist es an einigen Stellen, wenn diese Verletzungen eine gewissen Tiefe erreicht haben, auch das Thema spirituell orientierte Psychotherapie anzugehen.

Wenn ich jedenfalls mein Herz einfach mal so öffne, weil eine Öffnung da ist und eine Sehnsucht weil  Bodhicitta-Erleuchtungsgeist, meine Sehnsucht dahin geht und das öffnet sich, öffnet sich ein Licht vollkommener Liebe - In gleichem Maße werden aber alle diesen Dimensionen von Schmerz, von Verletzung, von Vergessenem, Traumatisiertem, ja sogar Dissoziiertem, also Teile von unserer Persönlichkeit, die wir gar nicht mehr sehen können, angeleuchtet,  und es ist ein gewaltiger Schmerz. Und das Herz - weil es auch nur ein Moment des Aufleuchtens war - verlischt wieder und es bleibt dieser Schmerz. Das ist doch verständlich. Und deshalb lehren doch die Meister und besonders das Zen die Erdung.

Bevor ich den spirituellen Weg gehe, gehe ich in die Erdung. Unser Weg heißt im Zen „geerdetes Herz“. Und zusätzlich zu dieser Erdung kann an einer Stelle, wo dieser Schmerz zu stark ist der Medizin-Buddha wirken, weil er nur auf einer speziellen Ebene unser Herz öffnet, nämlich nur auf der heilenden. Es ist erstmal keine Explosion von Herzlicht, sondern ein kleiner Schritt innerer Heilung, die alles das, was in mir körperlich, psychisch, psychosomatisch, spirituell verletzt ist, heilt. Die Öffnung des Medizin Buddhas ist ungefährlich. Sie ist zart, sie ist sanft.

Von dort ausgehend kann ich dann in große Felder der anderen transzendenten Buddhas gehen, um dann das Tor zu öffnen. Und wenn ich durch das Tor schreite, dann muss ich die Buddhas alle wegnehmen. Dann gehe ich ganz allein als Mensch, barfuß durch dieses große Tor.

Der Anfang ist im Daishin Zen immer die Erdung, und dann eine sanfte Öffnung und Heilung. Deshalb ist es im Daishin Zen so, dass wir diese vier transzendenten Buddhas tragen. Die drei großen, die die drei großen Elixiere bilden, die die Schwerpunkte in uns heilen können, die unsere Stärken öffnen können. Und der Medizin-Buddha für die starken Manifestationen der Hindernisse in uns.

Wir haben das Glück, dass wir in Japan eine Wurzel haben im Zen, durch meinen Lehrer, das keine Enge sondern Weite bedeutet. Und dass mein Lehrer selber mit vielen großen anderen Meister in Kontakt steht, und ich das große Glück hatte, der Einladung des Erzabtes des Tendai-shū auf den heiligen Berg Hiei-San in diesen Jahr im März folgen konnte ins Enryaku-Ji Kloster, wo ein Workshop stattfand - mich interessierte nur eins.  Saichō, ein junger Mönch im achten Jahrhundert, der auf diesem Berg mit eigener Hand einen Tempel baute und über Jahre eine wunderschöne Medizin-Buddha Statue schnitzte. Hoch auf diesem Berg und in diesem Berg in einem Tal tief gelegen liegt dieses Zentrum. Und am frühen Morgen, es war recht kalt noch, bin ich mit Freunden und vielen anderen Meistern anderer Linien dort gewesen. Ich habe eine Dimension von Erdung erlebt wie ich so nie erlebt habe. Erdung war immer der Schwerpunkt - aber in so einer weiblichen Form - da ist mir bewusst geworden, was wir verloren haben. Mir ist bewusst geworden, dass alle Spiritualität, selbst die Herzwege, alles Yang ist. Alles nach oben strebt. Alles Om, alles Himmel. Alles verlässt die Erde. Und wir wundern uns darüber, wie diese Erde aussieht. Es ist Unwissenheit. Es gibt so viele Menschen, die ganz weich sind, voller Herz; und trotzdem in ihrer Intention ist es Yang Energie. Himmelenergie, Yang.

Verloren haben wir die wirkliche weibliche Erdung, Yin. Und das ist eine Heilung, die mehr ist als unsere Heilung - sondern auch eine Heilung unserer Welt.

Der erste Schritt der Spiritualität ist immer Yang. Materie strebt zu Geist, Materie wird zum Geist. Entdeckung von Erleuchtungsgeist, raus aus dem Materiellen. Ja, das ist auch verständlich, das ist der erste Schritt. Das machen wir schon sehr lange und es wird überall praktiziert. Natürlich, auch richtig - nur der zweite Teil fehlt.

Geist wird zu Materie. Geist strebt, Herz heilt. Der Weg von Materie zum Geist ist Befreiung, ist Ewigkeit. Der Weg von Geist in Materie ist Heilung, ist Schöpfung. Diesen Teil dürfen wir als Menschheit nicht mehr vernachlässigen. Diesen Teil dürft Ihr nicht vernachlässigen. Leben selbst, die Liebe, die Einheit in der Vielheit der Schöpfung selbst, die Erleuchtung in der Vielheit. Yin und Yang, männlich und weiblich müssen wieder in Ausgleich kommen. 

Maria Hippius, die Frau von Graf Dürckheim sagte mir einmal: „Wenn die Religionen Mann-männlich werden, stirbt die Welt.“ Heilung ist der Ausgleich. Mond-Bodhisattva , Sonnen-Bodhisattva, der Medizin Buddha, ganz individuell für uns die Heilung von uns selbst als Heilung der Schöpfung und dieser Welt.


 

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